Das Multiple Myelom ist eine Form des Blutkrebses, die sich in den allermeisten Fällen im Knochenmark manifestiert. Es entsteht durch eine bösartige Veränderung von bestimmten B-Lymphozyten, den so genannten Plasmazellen, die eine wichtige Funktion im menschlichen Immunsystem haben. Sie bilden Antikörper, die körperfremde Zellen (zum Beispiel Krankheitserreger) oder bösartig veränderte Körperzellen erkennen und zerstören können. Jede Plasmazelle kann genau einen spezifischen Antikörper bilden. Beim Multiplen Myelom entartet eine dieser Plasmazellen, sodass diese sich unkontrolliert und ungebremst vermehrt. Diese bösartig entarteten Plasmazellen werden auch als Myelomzellen bezeichnet.4
Diese Myelomzellen vermehren sich im Knochenmark derart, dass andere Blutzelltypen verdrängt und nicht mehr ausreichend produziert werden. Gleichzeitig ist die Produktion des spezifischen Antikörpers in den Myelomzellen derart erhöht, dass weitgehend unvollständige Antikörper bzw. Bruchstücke resultieren, die man auch Paraproteine nennt. Diese sind nicht funktionstüchtig und können deshalb nicht zur Immunabwehr beitragen. Eine erhöhte Infektanfälligkeit kann die Folge sein. Gleichzeitig beeinflussen Sie das Gleichgewicht des Knochenaufbaus und -abbaus derart, dass Sie eine lokale Auflösung der Knochensubstanz verursachen, was zu verringerter Knochenstabilität und zu spontanen Knochenbrüchen führen kann. Die deutlich erhöhten Antiköper und deren Bruchstücke im Blut schädigen zusätzlich die Niere. Eine Niereninsuffizienz kann die Folge sein.5
Bei wenig ausgeprägter Erkrankung treten häufig keine oder nur unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Infektneigung oder körperliche Schwäche auf. Die Erkrankung kann aber auch durch Knochenschmerzen, spontane Knochenbrüche oder schwere Infektionen auffällig werden.
Der Verlauf dieser bislang unheilbaren, heterogenen malignen Erkrankung ist trotz zunehmend wirksamerer Therapien häufig von wiederkehrenden, immer schwerer verlaufenden Rezidiven (Rückfällen) geprägt.
Das mediane Erkrankungsalter liegt zum Diagnosezeitpunkt für Männer bei 72 Jahren, für Frauen bei 74 Jahren. Auch wenn die Erkrankung in der Regel nicht heilbar ist, lässt sich diese in vielen Fällen zurückdrängen, so dass sich die belastenden Symptome bessern und die betroffenen Patienten eine gute Lebensqualität erreichen. Ziele der Behandlung des Multiplen Myeloms sind die Symptomkontrolle, das Zurückdrängen der Erkrankung und das Erreichen einer langanhaltenden Kontrolle der Erkrankung.6
Um die Prognose und die Lebensqualität von Patienten mit Multiplem Myelom weiter zu verbessern, wird kontinuierlich an innovativen Therapieansätzen geforscht. Das Multiple Myelom ist eine der zentralen Forschungsgebiete der Firma Janssen, die sich zum Ziel gesetzt hat, diese Erkrankung heilbar zu machen.
Das Multiple Myelom ist derzeit leider noch nicht heilbar, doch hat die Forschung in den letzten 15 Jahren bereits wichtige Fortschritte erzielt und es wurden mehrere Arzneimittel mit neuen Wirkmechanismen zugelassen. Dabei ist die Wahl der Therapie sowohl vom Krankheitsstadium als auch von der individuellen Situation des Patienten abhängig. Wichtige Faktoren sind dabei das biologische Alter und der allgemeine Gesundheitszustand. Transplantationsgeeignete Patienten mit Multiplem Myelom erhalten primär Hochdosis-Kombinationschemotherapie-Schemata mit nachfolgender autologer Stammzelltransplantation und anschließender Erhaltungstherapie. Bei den Kombinationen kommen neben den Chemotherapeutika auch neuere Substanzklassen wie zum Beispiel Proteasominhibitoren (PI), immunmodulierende Medikamente (IMiDs) und zielgerichtet wirkende Antikörper zum Einsatz. Entsprechende Kombinationsschemata sind auch für nicht-transplantationsgeeigneten Patienten mit Multiplem Myelom indiziert.
Ziel bei der Behandlung des Multiplen Myeloms ist es die Erkrankung möglichst lange zurückzudrängen. Dies gelingt typischerweise unter einer Hochdosis-Chemotherapie als Standardbehandlung bei Patienten mit einem Multiplen Myelom am besten. Leider werden hierbei auch die Blutstammzellen zerstört, weshalb im Anschluss eine Stammzelltransplantation erfolgen muss. Der Therapieerfolg hängt dabei sehr stark vom Ansprechen auf die gewählten Regime zur Induktiontherapie sowie von der auf die Stammzelltransplantation folgenden Konsolidierungs- und Erhaltungstherapie ab.
Proteasominhibitoren (PI)12 -
PI stellen eine Substanzklasse dar, die die Aktivität der Proteasomen in den Krebszellen hemmen. Proteasomen bauen alte Eiweiße (Proteine) im Körper ab und „recyceln“ diese. Da Myelomzellen besonders viele Antikörper herstellen, benötigen sie auch viele dieser „Recycling-Proteine“. Die sogenannten Proteasominhibitoren behindern den Abbau von Eiweißstoffen in der Krebszelle. Für die Zellen bedeutet der so entstandene Überschuss an Eiweiß, welches in den bösartigen Zellen oft falsch zusammengesetzt ist, großen Stress. Tumorzellen reagieren hier empfindlicher auf Proteasominhibitoren, als gesunde Zellen, sodass diese dadurch zerstört werden, während sich gesunde Zellen wieder erholen.
Immunmodulatorische Substanzen (IMiDs)13 -
IMiDs gehen gezielt gegen tumorauslösende Mechanismen vor und tragen zur Aktivierung von Immunzellen bei. Sie greifen die Tumorzellen direkt an und verhindern damit ihr Wachstum und unterdrücken darüber hinaus die Freisetzung von tumorfördernden Botenstoffen. IMiDs sorgen auch für eine Angiogenese-Hemmung, behindern also die Neubildung von Blutgefäßen, die den Tumor mit Nährstoffen versorgen. Diese Nährstoffunterversorgung führt dann zum Zelltod und somit zur Zerstörung der Tumorzellen.
Monoklonale Antikörper (mAb)14 -
Antikörper sind wichtige Bestandteile der menschlichen Immunabwehr. Als Proteine, die von Plasmazellen gebildet werden, können sie ganz bestimmte Antigene erkennen und binden. Therapeutische, biotechnologisch hergestellte monoklonale Antikörper richten sich gezielt gegen Antigene von Tumorzellen, hier also Myelomzellen. Je nach Antikörper sorgen Sie entweder direkt für die Zerstörung der Myelomzelle oder als Erkennungsmarker für Immunzellen. Immunzellen können dann die entarteten Zellen durch die Markierung erkennen und bekämpfen. Ziel der Therapie ist es, in den Stoffwechsel einzugreifen und das Tumorwachstum zu unterbinden.
Neben den drei oben genannten Wirkstoffklassen Proteasominhibitoren, Immunmodulatorische Substanzen und Antikörpern finden auch verschiedene Zytostatika, Glucocorticoide oder Histon-Deacetylase-Inhibitoren beim Multiplen Myelom Anwendung. Selbst die klassische Strahlentherapie findet, allerdings vor allem supportiv zur Linderung von Knochenschmerzen, bei Patienten mit Multiplen Myelom Anwendung.3,15
Trotz der erweiterten Therapieoptionen besteht nach wie vor eine große Herausforderung darin, dass Patienten auf die verfügbaren Medikamente oftmals nur kurzzeitig oder gar nicht ansprechen. Entsprechend groß ist noch immer der Bedarf nach neuen Therapieansätzen, insbesondere für die Patienten in späteren Therapielinien mit einem refraktären/rezidivierten Multiplen Myelom (RRMM).
Es befinden sich neue Ansätze zur Behandlung von Patienten mit RRMM in der klinischen Testung, um diesem medizinischen Bedarf zu begegnen und auch jenen stark vortherapierten Patienten die Chance auf eine bessere Krankheitskontrolle und eine Perspektive für die Zukunft zu geben.
Zuletzt geändert am: 05.02.2021
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Dieser Text wurde von Dr. Christian Englisch, Mitarbeiter bei Janssen Deutschland und Mitglied des Janssen Expertenbeirats, geprüft. Lernen Sie unseren Expertenbeirat kennen.