- Pulmonale Hypertonie
- Infothek
Unspezifische Symptome, wie Dyspnoe, und ein häufig auf den ersten Blick nicht eindeutig abgrenzbares Krankheitsbild können die Diagnose der pulmonalen Hypertonie (PH) und auch pulmonal arteriellen Hypertonie (Lungenhochdruck, kurz auch: PAH) verzögern.1 Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen Fachbereiche ist daher wichtig, um die seltene Erkrankung möglichst frühzeitig zu diagnostizieren.
Prinzipiell kann PAH jeden treffen, obwohl bestimmte Risikogruppen, wie z. B. Patient:innen mit systemischer Sklerose oder Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern, häufiger von der Lungenerkrankung betroffen sind.1 Registerdaten der letzten Jahrzehnte zeigen außerdem einen kontinuierlich höheren Anteil von Patientinnen, während sich das durchschnittliche Alter bei Diagnose einer idiopathischen PAH erhöht hat. Laut aktuellen Daten aus dem SPAHR-Register ist die/der klassische PAH-Patient:in heute im Median 68 Jahre alt.2 Wie die Auswertung von Registerdaten aus Großbritannien und Irland zeigte, ist dies auch häufig mit einer größeren Anzahl an Komorbiditäten verbunden.3
Ein möglicher Diagnosealgorithmus für pulmonale Hypertonie (PH) und pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) leitet sich aus den Leitlinien-Empfehlungen der European Society of Cardiology/European Respiratory Society (ESC/ERS) ab. Dieser umfasst 3 Stufen:1
Erste unspezifische Symptome wie Dyspnoe fallen häufig erstmalig im internistischen Bereich auf. Eine initiale Untersuchung sollte eine gründliche Anamnese, eine körperliche Untersuchung (inklusive Blutdruck, Herzindex und Pulsoxymetrie), Bestimmung von BNP/NT-proBNP (B-Typ-natriuretisches Peptid/N-terminales pro-B-Typ-natriuretisches Peptid) und ein Ruhe-EKG umfassen. Wenn die Diagnostik auf eine kardiale oder respiratorische Ursache hinweist, sollte dies weiter untersucht werden (siehe Stufe 2).1
Die zweite Stufe umfasst klassische, nicht invasive Untersuchungen der Lunge und des Herzens. Die Echokardiographie nimmt bei diesen Untersuchungen einen wichtigen Stellenwert ein, weil anhand dieser die Wahrscheinlichkeit für eine P(A)H und damit die Notwendigkeit einer Überweisung ins PH-Zentrum eingeschätzt werden kann.1
Patient:innen sollten ins PH-Zentrum überwiesen werden, wenn eine mittlere oder hohe Wahrscheinlichkeit für P(A)H in der Echokardiographie nachgewiesen wurde, wenn Risikofaktoren (z. B. Vorerkrankungen wie systemische Sklerose oder angeborene Herzfehler) vorliegen oder wenn in der Anamnese eine Embolie aufgefallen ist. Es sollte eine invasive Rechtsherzkatheter-Untersuchung zur Bestätigung der PH erfolgen und ein umfangreiches PH-Workup (Ursache und klinische Klassifikation der PH).1
Warnzeichen für P(A)H sollten zu jeder Zeit beachtet werden, weil sie mit einer schlechten Prognose assoziiert sind und eine umgehende Intervention erfordern:1
Je früher P(A)H diagnostiziert wird, desto früher kann eine zielgerichtete Therapie gestartet werden. Insbesondere bei der P(A)H-Diagnose ist es daher wichtig, dass die Awareness für P(A)H vorhanden ist und die Vernetzung aller beteiligten Fachbereiche (Allgemeinmedizin/Internistischer Bereich, Pneumologie, Kardiologie, Rheumatologie, PH-Zentrum) gegeben ist. Ein regelmäßiges Screening von Risikopatient:innen sollte im Rahmen der Routineuntersuchungen dazugehören.1
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Einfache Diagnostik kann den Weg zur Diagnose entscheidend verkürzen. Erste Hinweise liefern dabei ein Elektrokardiogramm (EKG), Laborwerte wie der NT-proBNP-Wert, bildgebende Diagnostik und Lungenfunktion/Spiroergometrie. Im Verdachtsfall sollte eine echokardiographische Untersuchung erfolgen und – sofern sich der Verdacht bestätigt – eine Rechtsherzkatheteruntersuchung in einem PH-Zentrum.1
Eine EKG-Anomalie, der bei der P(A)H-Diagnose eine besondere Bedeutung zukommt, ist die Rechtsachsenabweichung. Wird diese nachgewiesen, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer pulmonalen Hypertonie (PH) oder auch pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH). Neben einer Rechtsachsenverschiebung können sich auch weitere Zeichen einer Rechtsherzbelastung im EKG zeigen, dazu gehören:1
Mit einfacher Diagnostik wie dem EKG kann der Weg zur Diagnose entscheidend verkürzt werden – dabei kann ein einfacher Algorithmus helfen. Liegt bei Symptomen wie Atemnot, Kurzatmigkeit, Schwäche und Synkopen ein EKG-Rechtstyp vor, ist die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer P(A)H relativ hoch und eine Echokardiographie kann weiteren Aufschluss liefern.1,6 Liegt kein EKG-Rechtstyp vor, so schließt das eine P(A)H nicht zwangsläufig aus.1 In diesem Fall sind weitere diagnostische Parameter wie beispielsweise die Bestimmung des NT-proBNP-Wertes (N-terminal pro-brain natriuretic peptide) notwendig, um das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer PAH weiter einschätzen zu können.6
Ein normales EKG schließt PAH nicht aus
Ein EKG kann zwar erste Hinweise auf eine P(A)H liefern, ein normaler Befund schließt eine P(A)H jedoch nicht aus.1 Das EKG sollte daher nicht als einziger Parameter für die Diagnose der PAH ausgewertet werden.
Bisher hat sich vor allem der BNP-/NT-proBNP-Wert (Brain natriuretic peptide/N-terminal pro-brain natriuretic peptide) als wichtiger Prädiktor für das Vorliegen einer pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) erwiesen.1 Die Werte sind zwar nicht spezifisch für PAH, aber als Marker für myokardialen Stress ist der NT-proBNP-Wert aufgrund der Beteiligung des Herzens häufig auch bei PAH über die Normschwelle von 125 ng/l erhöht.1,7
Eine Blutuntersuchung reicht zum Nachweis von PAH nicht aus
Eine Blutuntersuchung kann aber – wie z. B. anhand eines erhöhten NT-proBNP-Werts – auf eine PAH hinweisen und außerdem bei der Differenzierung unterschiedlicher PH-Formen hilfreich sein. Weiterhin erlaubt sie Rückschlüsse darauf, wie stark die Endorgane betroffen sind. Ein Screening auf Kollagenosen (antinukleare Antikörper) und das humane Immundefizienz-Virus sind sinnvoll, um mögliche Grunderkrankungen auszuschließen.1
Die transthorakale Echokardiographie zur Untersuchung des Herzens ist die wichtigste nicht invasive Methode bei der Diagnose einer pulmonalen Hypertonie oder pulmonal arteriellen Hypertonie (P(A)H) und sollte bei Verdacht auf eine P(A)H stets durchgeführt werden.1
Die trikuspidale Regurgitationsgeschwindigkeit in Ruhe kann dabei als Hauptvariable dienen, um die Wahrscheinlichkeit einer P(A)H abzuschätzen – in Kombination mit weiteren Variablen. Auf diese Art und Weise kann anhand der Echokardiographie oft entschieden werden, ob eine Überweisung ins PH-Zentrum für eine Rechtsherzkatheteruntersuchung notwendig ist. Einzelne Echokardiographie-Parameter sind in der Regel nicht geeignet, um eine verlässliche Aussage über den PH-Status oder eine zugrunde liegende Erkrankung zu treffen.1
Die verschiedenen Parameter in der Echokardiographie geben Hinweise auf die Morphologie des rechten und linken Herzens, die Funktion von rechtem und linkem Ventrikel sowie Klappenabnormalitäten und erlauben die Abschätzung von hämodynamischen Parametern.1
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Da die pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) eine Erkrankung der Lungengefäße ist, ist die Lungenfunktion häufig normal oder nur leicht eingeschränkt. Die Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität (DLCO) kann ebenfalls normal sein, ist aber häufig vermindert (eine DLCO < 45 % vom Soll ist mit einer schlechten Prognose assoziiert).
Ein Lungenfunktionstest sollte daher zumindest die totale Lungenkapazität und die Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität umfassen. Dabei sollte stets bedacht werden, dass ein normaler Lungenfunktionstest die Krankheit nicht ausschließt.1
Auch bei der arteriellen Blutgasanalyse schließen normale Werte eine PAH nicht aus. Der arterielle Sauerstoffpartialdruck (PaO2) ist in der Regel normal oder zeigt eine leichte bis moderate Hypoxämie, während der arterielle Kohlendioxidpartialdruck (PaCO2) meistens erniedrigt ist.1
Die Spiroergometrie zeigt bei PAH oft ein typisches Muster für Belastungsintoleranz aus niedrigem PETCO2, erhöhtem VE/VCO2, erniedrigtem O2-Puls und erniedrigter maximaler O2-Aufnahme.1
Bei den meisten PH-Patient:innen zeigt das Röntgenbild Anomalien. Diese umfassen vergrößerte Lungengefäße (erweiterte zentrale Pulmonalarterie), den Verlust der peripheren Blutgefäße und eventuell die Vergrößerung des rechten Atriums und Ventrikels. Insgesamt muss das Ausmaß der Anomalie allerdings nicht mit dem Schweregrad der P(A)H korrelieren und ein normaler Befund muss eine P(A)H auch nicht unbedingt ausschließen.1
Eine Computertomographie kann verschiedene Anzeichen für P(A)H zeigen, z. B. erweiterte Pulmonalarterien, eine Pulmonalarterien/Aorta-Rate von > 0,9 und vergrößerte rechte Herzkammern. Die Kombination aus erweiterter Pulmonalarterie (Durchmesser ≥ 30 mm), RVOT-Wanddicke ≥ 6 mm und einer Septumabweichung von ≥ 140 ° (oder RV/LV-Rate ≥ 1) ist hoch prädiktiv für P(A)H.1
Eine Magnetresonanz-Tomographie (MRT) dient zur Bestimmung der Größe von Atrien und Ventrikeln, Morphologie und Funktion. Weiterhin kann der myokardiale Strain und der Blutfluss in den Pulmonalarterien, der Aorta und Vena cava gemessen werden. Dies kann Hinweise auf vaskuläre, kardiale, parenchymale oder mediastinale Anomalien geben. Diese umfassen z. B. Vergrößerungen der Lungengefäße (Lungenarterie) oder des rechten Ventrikels.1
Ein Ventilations-/Perfusions-Szintigraphie-Scan (V/Q-Scan) sollte bei bestehender PH als Teil der initialen Diagnostik der Lunge erfolgen, um eine chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) auszuschließen.1
Bei einer Rechtsherzkatheteruntersuchung (RHK-Untersuchung) wird der Rechtsherzkatheter über den rechten Vorhof und Ventrikel direkt in die Lungenarterie eingeführt, sodass verschiedene Parameter direkt im Herzen und in der Lungenarterie gemessen werden können. Der Rechtsherzkatheter ist daher auch die einzige Möglichkeit, mit der ein erhöhter Blutdruck in der Lungenarterie direkt gemessen werden kann und dient als Goldstandard bei der Diagnose der pulmonalen Hypertonie (PH) bzw. der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH). Eine RHK-Untersuchung sollte durchgeführt werden, wenn aufgrund der echokardiographischen Untersuchung der Verdacht auf P(A)H besteht und um die Diagnose zu bestätigen sowie die PH zu klassifizieren (prä- vs. postkapilläre PH bzw. Einteilung in Gruppe 1–5).10
Folgende Parameter sollten im Rahmen der RHK-Untersuchung erhoben bzw. errechnet werden:10
Eine PH ist durch einen mittleren pulmonalarteriellen Druck (PAPm) von > 20 mmHg definiert. Eine PAH liegt bei präkapillärer PH (PAPm > 20 mmHg + PAWP ≤ 15 mmHg) und einem PVR > 2 Wood-Einheiten vor, wenn andere Gründe für eine präkapilläre PH ausgeschlossen werden können, z. B. CTEPH oder PH assoziiert mit Lungenerkrankungen (klinische Gruppen 3 und 4).1
Da die RHK-Untersuchung eine invasive Methode ist, empfehlen die Leitlinien, diese in einem erfahrenen PH-Zentrum durchzuführen.1
Definition | Hämodynamische Charakteristika |
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Definition | Hämodynamische Charakteristika |
Definition | Hämodynamische CharakteristikaPAWP ≤ 15 mmHg PVR > 2 Wood-Einheiten |
Definition | Hämodynamische CharakteristikaPAWP > 15 mmHg PVR ≤ 2 Wood-Einheiten |
Definition | Hämodynamische CharakteristikaPAWP > 15 mmHg PVR > 2 Wood-Einheiten |
Definition | Hämodynamische Charakteristika |
CO: Herzzeitvolumen (cardiac output); mPAP: mittlerer pulmonalarterieller Druck; PAWP: pulmonalarterieller Wedge-Druck; PH: pulmonale Hypertonie; PVR: pulmonalvaskulärer Widerstand
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Pulmonale Hypertonie (PH) und pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) betreffen sowohl das Herz als auch die Lunge. Zunehmende Belastungsdyspnoe gilt als Leitsymptom bei beiden Formen der Krankheit.1 Da Dyspnoe ein sehr unspezifisches Symptom ist, kann sie aber auch auf unterschiedliche andere pulmonale und kardiale Ursachen oder Grunderkrankungen hindeuten. Häufige Differenzialdiagnosen sind dabei Asthma, COPD oder koronare Herzkrankheiten. Obwohl diese Krankheitsbilder häufiger vorkommen, lohnt es sich, bei Dyspnoe auch an P(A)H zu denken. Denn P(A)H ist zwar seltener, aber behandelbar und eine frühe Diagnose und ein früher Therapiestart können die Prognose bei P(A)H verbessern.
Ein wichtiger Bestandteil bei der Diagnose einer pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) ist die Risikostratifizierung der Patient:innen zur Abschätzung des Risikos (geschätzte 1-Jahres-Mortalität). Die Risikostratifizierung erfolgt anhand verschiedener Parameter, wie WHO-Funktionsklasse, 6-Minuten-Gehstrecke, BNP-/NT-proBNP-Wert, Auftreten von Synkopen sowie weiteren Parametern aus Bildgebung und Hämodynamik, von denen die meisten auch eine Rolle bei der initialen Diagnostik der PAH spielen.1
Initial sollte die Risikostratifizierung anhand eines umfangreichen 3-Strata-Modells erfolgen. Dazu gehören unter anderem die BNP-/NT-proBNP-Plasmaspiegel, die Spiroergometrie, die Echokardiographie und die Hämodynamik. Da keiner der Parameter für sich allein in Bezug auf die Prognose aussagekräftig ist, sollte stets ein multidimensionaler Ansatz aus möglichst vielen Parametern bei der Risikostratifizierung verfolgt werden.
Zur Überwachung der Therapie im Verlauf kann ein vereinfachtes 4-Strata-Modell (anhand der Parameter WHO-Funktionsklasse, 6-Minuten-Gehstrecke und BNP/NT-proBNP) genutzt werden.1
PD Dr. med. Hans Klose behandelt seit vielen Jahren PAH-Patient:innen. Im Interview berichtet er unter anderem, warum es so wichtig ist, pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) früh zu erkennen, bei welchen Symptomen man hellhörig werden sollte und was sich auf dem Gebiet der Behandlungsmöglichkeiten in letzter Zeit getan hat.
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Wer hat ein erhöhtes Risiko für eine pulmonal arterielle Hypertonie? Informieren Sie sich hier zu den Risikogruppen.
Zuletzt geändert am: 09.07.2021
Dieser Text entspricht den redaktionellen Standards der Janssen Medical Cloud. Hier erfahren Sie mehr über unsere redaktionellen Standards. Dieser Text wurde von Miriam Djelani, Mitarbeiterin bei Janssen Deutschland und Mitglied des Janssen Expertenbeirats, geprüft. Lernen Sie unseren Expertenbeirat kennen.