Das RS-Virus
Auswirkungen von RSV
Behandlung von RSV
Service-Materialien für Fachkreise
Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV, engl. respiratory syncytial virus) verursacht akute Atemwegsinfektionen mit in der Regel leichtem Husten und Erkältungserscheinungen.1 Bei Risikopopulationen kann das RS-Virus jedoch zu schweren Erkrankungen wie zum Beispiel einer Lungenentzündung, Bronchiolitis (Entzündung der kleinen Atemwege) oder Bronchitis (Entzündung der Atemwege) und damit verbundenen Krankenhausaufenthalten führen.2,3 Schwere RSV-Infektionen betreffen am häufigsten Kleinkinder sowie ältere Erwachsene und Erwachsene mit Begleiterkrankungen und können in diesen Risikogruppen lebensbedrohlich sein.3,4
Die Mehrheit der Kinder hat sich bis zum Alter von zwei Jahren mit RSV infiziert, die Häufigkeit von RSV-Infektionen bei Erwachsenen ist unklar.1,5 Dies ist wahrscheinlich unter anderem auf Fehldiagnosen zurückzuführen, da andere Atemwegsinfektionen ähnlich unspezifische Symptome hervorrufen. Zudem fehlen Routinetests auf RSV, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass die Symptome von RSV als leicht und überschaubar angesehen werden.1,5
RSV wurde erstmals in den 1960er Jahren als Ursache für Bronchiolitis bei Säuglingen und Kindern identifiziert4 und gilt heute als eine der häufigsten Ursachen für Infektionen der unteren Atemwege (low respiratory tract infection; LRTI) bei Kindern.6 Wie auch die Viren die Influenza (Grippe), Mumps und Masern verursachen, gehört RSV zur Virusfamilie Paramyxoviridae bzw. zur Unterfamilie Pneumoviridae.7 RSV ist ein sogenanntes RNA-Virus, das aus einem einzelsträngigen RNA-Genom besteht und von einer Membran umhüllt wird.4
RSV wird durch Tröpfchen und Sekrete von infizierten Personen übertragen.3 Das Virus kann auf harten Oberflächen mindestens 6 Stunden und auf der Haut in etwa 20 Minuten lang überleben.4
Das RS-Virus ist hochgradig ansteckend und hat eine Inkubationszeit von etwa 2–8 Tagen.3,4
Infektionen durch RSV können in allen Altergruppen auftreten. Eine Auswertung von Nasenabstrichen, die im Rahmen des Berichts zur Influenza-Saison 2018/2019 der AG Influenza des RKI untersucht wurden zeigte, dass hauptsächlich Säuglinge und Kleinkinder bis vier Jahre und ältere Erwachsene ab dem 60. Lebensjahr betroffen sind.8 (Abbildung 1)
Anzahl der eingesandten Sentinelproben und Positivenraten der fünf untersuchten viralen Atemwegserreger in sieben Altersgruppen von der 40. KW 2018 bis zur 20. KW 2019
Abb. 1: Die Verteilung der RSV-Fälle über die Altersgruppen im Vergleich zu vier weiteren Atemwegserregern (Auf Basis des Berichts zur Influenza-Saison 2018/2019 der AG Influenza des RKI, Abb. Mod. Nach [8], NRZ, Nationales Referenzzentrum für Influenza; hMPV, humanes Metapneumovirus)
Bei RSV handelt es sich um eine saisonale Infektion, die je nach Klima in der betreffenden Region variiert.4 In Mitteleuropa ist die Inzidenz von November bis April am höchsten, mit sporadischen Infektionen in den übrigen Monaten. Der Gipfel der sogenannten RSV-Saison liegt meist im Januar und Februar, seltener auch im November und Dezember und erstreckt sich über etwa 4–8 Wochen. (Abbildung 2).3
Auftreten der sechs wichtigsten viralen Atemwegserreger (Positivenraten), die zwischen den Wochen 01/2011–29/2021 von PHE- und NHS-Labors (SGSS) in England und Wales gemeldet wurden
Abb. 2: In der nördlichen Hemisphäre geht der saisonale RSV-Höhepunkt dem saisonalen Influenza-Höhepunkt um 1–2 Monate voraus. (Abb. mod. nach [8], NHS, National Health Service; PHE, Public Health England; SGSS; Second Generation Surveillance System)
Anzahl der eingesandten Stichproben (Sentinelproben) und Positivenraten der fünf untersuchten viralen Atemwegserreger in der Saison 2018/2019
Abb. 3: Die Verteilung der RSV-Fälle über die Saison 2018/2019 im Vergleich zu vier weiteren viralen Atemwegserregern (Auf Basis des Berichts zur Influenza-Saison 2018/2019 der AG Influenza des RKI, Abb. Mod. Nach [8], NRZ, Nationales Referenzzentrum für Influenza; hMPV, humanes Metapneumovirus)
Es gibt Hinweise aus Frankreich und Südafrika, dass Lockdowns und soziale Einschränkungen, wie sie mit der COVID-19-Pandemie verbunden waren, den Zeitpunkt von RSV-Epidemien und die betroffenen Bevölkerungsgruppen beeinflussen können. Dies sollte bei der Entwicklung von Strategien zum Umgang mit RSV berücksichtigt werden.10,11
Informationen darüber, wie eine Infektion mit RSV zu Symptomen und Komplikationen führen kann, stammen aus Biopsien von Menschen mit RSV, aus postmortalen Untersuchungen von Erkrankten und aus Tiermodellen.12
RSV kann durch die Schleimhäute der Atemwege in den Körper eindringen und vermehrt sich zunächst im oberen Bereich des Rachens hinter der Nase. Dort breitet es sich über die unteren Atemwege bis zur Lunge aus. Das Eindringen des Virus stimuliert Immunreaktionen, die den Zelltod und die Lyse (den Zerfall) der infizierten Zellen auslösen. Aktivierte T-Zellen produzieren Signalmoleküle (sogenannte proinflammatorische Zytokine), die zum Fortschreiten der Erkrankung in den Atemwegen beitragen und zu einer Entzündung der Lunge, einer Überproduktion von Schleim und einer bronchialen Hyperaktivität führen können. Wenn die Infektion abklingt, gehen die Entzündung sowie die Schleimabsonderung zurück. Die T-Gedächtniszellen verbleiben in der Lunge und im Blutkreislauf.12
Die Überproduktion von Schleim und die bronchialen Auswirkungen können RSV-Symptome verursachen, die in der Nase und den oberen Atemwegen beginnen. Außerdem können sich RSV-bedingte Infektionen der unteren Atemwege (LRTIs) wie Bronchiolitis, Bronchitis und Lungenentzündung entwickeln.
Frühe RSV-Symptome bei Säuglingen und Kindern können zum Beispiel eine Erkältung mit laufender Nase, verminderter Appetit oder eine Ohrentzündung (Otitis media) sein.4,8 In den meisten Fällen sind die ersten Symptome mild.4
Bei Säuglingen und Kindern, die einen schwereren Verlauf der Erkrankung entwickeln, kann es unter anderem zu einer Bronchiolitis oder Lungenentzündung kommen.4
Erwachsene mit RSV können leichte Erkältungssymptome wie eine verstopfte Nase, Husten, Fieber und Lethargie (Schläfrigkeit, Trägheit) zeigen. Es können auch schwerwiegende Symptome auftreten wie Lungenentzündung, akute Bronchitis oder eine Verschlimmerung von Asthma, kongestiver Herzinsuffizienz oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (Abbildung 4).3,4
RSV-bedingte, akute Atemwegsinfektionen klingen bei gesunden, älteren Erwachsenen (≥60 Jahren) durchschnittlich nach 19 Tagen ab.13
Einige mögliche schwere RSV-Symptome
Abb. 4: Mögliche schwere RSV-Symptome unterteilt nach Bronchiolitis, Lungenentzündung und akuter Bronchitis3,4
Wie andere saisonale Atemwegsviren ist auch RSV sehr häufig. Jedes Jahr sind weltweit ca. 64 Millionen Menschen von RSV betroffen.14 Eine globale systematische Übersichtsarbeit schätzt die jährliche Inzidenz von akuten RSV-bedingten Infektionen bei Kindern unter 5 Jahren im Jahr 2015 auf 33,1 Millionen.15 Dabei erkranken zwischen 50 % und 60 % der Säuglinge vor dem Alter von einem Jahr und über 80 % der Kinder haben sich bis zum Alter von zwei Jahren mit RSV infiziert.1,4
Jährlich sind 3 % bis 7 % der älteren Erwachsenen (≥65 Jahre) und 4 % bis 10 % der Hochrisiko-Erwachsenen* von RSV betroffen.16 Eine Überprüfung und Metaanalyse globaler Daten schätzt, dass im Jahr 2015 1,5 Millionen Erwachsene im Alter von 65 Jahren oder älter, die in Industrieländern leben, an einer durch RSV verursachten akuten Atemwegsinfektion erkrankten. Dies entspricht einer Inzidenz von 6,7 Fällen pro 1.000 Personen pro Jahr.17
Wer eine RSV-Infektion überstanden hat, ist nicht vor einer erneuten Erkrankung geschützt.3 Die Immunisierung durch Antikörper aufgrund einer RSV-Erstinfektion reicht nicht aus, um lebenslang Reinfektionen zu verhindern.1 Möglicherweise hat das RS-Virus Mechanismen entwickelt, um dem Immunsystem bei einer erneuten Infektion zu entgehen.18
*Erwachsene mit chronischen Herz- und Lungenerkrankungen
Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) kann je nach Verlauf unterschiedliche Auswirkungen auf das Leben der Patient:innen haben. So kann beispielsweise ein Krankenhausaufenthalt erforderlich sein oder die Symptome halten lange an. Zudem ist die Sterblichkeitsrate bei schwerem Krankheitsverlauf hoch.
Von Shi et al. geschätzte Zahlen an weltweit nötigen Krankenhausaufenthalten durch RSV-bedingte Infektionen der unteren Atemwege in 2015 sowie Zahlen zur Sterblichkeit vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases aus 2022
Abb. 5: Geschätzte Zahlen an weltweit nötigen Krankenhausaufenthalten im Jahr 2015 und geschätzte Sterblichkeit durch RSV-bedingte Infektionen der unteren Atemwege im Jahr 2022.1,2,3
RSV ist die häufigste Ursache für Infektionen der unteren Atemwege und Lungenentzündungen bei Kindern. Eine US-amerikanischen Beobachtungsstudie zeigt, dass schätzungsweise bei 28 % der Kinder unter 18 Jahren, die wegen einer Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert wurden, eine RSV-Infektion vorlag.1,4
Akute Bronchiolitis-Symptome sind die häufigste Komplikation bei Infizierten in dieser Altersgruppe und betreffen:
Bei Erwachsenen und älteren Erwachsenen scheinen Krankenhausaufenthalte aufgrund von RSV-Infektionen seltener zu sein als bei Säuglingen und Kleinkindern. Allerdings sind wesentlich weniger Daten über RSV-Infektionen bei Erwachsenen verfügbar als bei Kindern.1,2
Eine globale systematische Übersicht und Metaanalyse schätzt, dass RSV im Jahr 2015 für insgesamt ca. 336.000 Krankenhausaufenthalte bei Erwachsenen und ca. 14.000 Todesfälle bei Erwachsenen im Alter von 65 Jahren oder älter verantwortlich war, verbunden mit einer Sterblichkeitsrate von 1,6 % in Industrieländern und 9,1 % in Entwicklungsländern.2
Eine retrospektive Kohortenstudie zu Erwachsenen mit RSV im Krankenhaus ergab, dass 42,3 % der Hospitalisierten an einer Lungenentzündung und 21,9 % an einer akuten Bronchitis litten.6
Generell ist zu beobachten, dass im Alter von über 60 Jahren die Behandlungsergebnisse im Falle einer RSV-Infektion schlechter ausfallen als bei einer Erkrankung an Influenza (Grippe) (Abbildung 6).7
Verglichen mit Influenza-Patient:innen haben Erwachsene über 60 Jahren mit RSV eine ...
höhere Wahrscheinlichkeit,eine Lungenentzündung zu entwickeln
höhere Wahrscheinlichkeit, eine Woche im Krankenhaus verbringen zu müssen
höhere Wahrscheinlichkeit, auf die Intensivstation eingeliefert zu werden
höhere Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines Jahres nach dem Krankenhausaufenthalt zu versterben
Abb. 6: Vergleich von Hospitalisierungszahlen und Sterblichkeit bei Patient:innen mit Influenza und Patient:innen mit RSV7
Studien in Europa und den USA zeigen, dass eine RSV-Infektion, im Vergleich zu einer Infektion mit Influenza, bei Patient:innen über 60 Jahren zu ähnlichen oder sogar höheren Sterblichkeits- und/oder Einweisungsraten auf Intensivstationen führte.7,8 Eine Studie in New Yorker Krankenhäusern ergab, dass 16,4 % der mit RSV eingewiesenen untersuchten Patient:innen (mit einem Durchschnittsalter von 69 Jahren) auf der Intensivstation behandelt werden mussten, während weitere 12,4 % beatmungspflichtig waren.9
Auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wurden bei RSV schlechtere Ergebnisse berichtet: 15,1 % der Patient:innen benötigten nach ihrer Entlassung ein höheres Maß an Pflege als vor der Aufnahme in die Klinik.9 Atemwegssymptome von hospitalisierten RSV-Patient:innen, wie Keuchen, Kurzatmigkeit und Husten,* waren sowohl bei der Entlassung als auch drei Monate danach schlechter als bei Patient:innen mit Influenza.10
* gemessen mit dem Respiratory Intensity and Impact Questionnaire (RiiQTM)
Angesichts der hohen Belastung durch RSV für einzelne Patient:innen, aber auch das gesamte Gesundheitssystem, ist es wichtig, die Risikofaktoren für einen schweren Erkrankungsverlauf zu kennen. Nur so können Hochrisikopatient:innen frühzeitig identifiziert und bei Bedarf rechtzeitig isoliert und geschützt werden.
Was sind die häufigsten Risikofaktoren für eine schwere RSV-Infektion bei Säuglingen und Kindern?
Das Risiko, dass Säuglinge oder Kinder eine schwere RSV-Infektion erleiden oder ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen, wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst (Abbildung 7).
Abb. 7: Risikofaktoren für eine schwere RSV-Infektion oder eine Krankenhauseinweisung bei Säuglingen und Kindern5,11
Was sind die häufigsten Risikofaktoren für eine schwere RSV-Infektion bei Erwachsenen?
Das Risiko für die Entwicklung einer schweren RSV-Infektion bei Erwachsenen hängt mit dem Alter (≥ 65 Jahre) und vorbestehenden Erkrankungen zusammen (Abbildung 8).
Abb. 8: Risikofaktoren für schwere RSV oder Krankenhauseinweisung bei Erwachsenen12,13
Expert:innen vermuten, dass die Zahl der Patient:innen mit einer Infektion durch das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) aufgrund fehlender Routinetests unterschätzt wird. Dies hat zur Folge, dass kein erfolgreiches RSV-Management durchgeführt wird und keine Infektionskontrolle erfolgen kann.
Die RSV-Diagnose ist von entscheidender Bedeutung wenn es darum geht, Hochrisikopatient:innen zu identifizieren, die eine frühzeitige Behandlung benötigen. Wird eine RSV-Infektion frühzeitig erkannt, kann dies positive Auswirkungen für einzelne Patient:innen haben und die sozioökonomische Belastung verringern. Ebenso wichtig ist eine gute Diagnostik zur Unterstützung der Infektionskontrolle: Es gilt Interaktionen zwischen infizierten Personen und Risikopopulationen so schnell und effizient wie möglich zu minimieren.
Wie bereits erwähnt, treten bei einer RSV-Infektion oftmals nur milde Symptome auf, eine Labordiagnose wird daher möglicherweise nicht für notwendig erachtet.1 Auch sind die auftretenden Beschwerden bei einer RSV-Infektion den Symptomen anderer Atemwegserkrankungen wie beispielsweise der Influenza (Grippe) sehr ähnlich.1 Dies kann ein Grund dafür sein, dass nicht genauer getestet wird. In der ambulanten Versorgung wird zudem oftmals nicht routinemäßig auf RSV untersucht, weil entweder keine Tests verfügbar oder die vorhanden Testmöglichkeiten zu teuer sind.2
Zudem gibt es derzeit keine spezifischen Behandlungsmöglichkeiten für RSV. Dieses Fehlen einer zugelassenen Therapie wirkt sich wahrscheinlich ebenfalls negativ auf den Umfang der RSV-Testung aus.1 Dennoch ist die Diagnosestellung wichtig: Nur so können Hochrisikopatient:innen frühzeitig identifiziert und eine Infektionskontrolle eingeleitet werden.
Während RSV bei den meisten Menschen milde Symptome verursacht, können Infektionen bei Risikopopulationen, wie Säuglingen, Erwachsenen über 65 Jahren und Erwachsenen mit Begleiterkrankungen, z. B. zu einer Lungenentzündung, Bronchitis oder Bronchiolitis führen. Dies kann Krankenhausaufenthalte erforderlich machen und im schlimmsten Fall zum Tod führen.3,4
Expert:innen gehen davon aus, dass in der Vergangenheit nur eine geringe Zahl der auftretenden RSV-Infektionen bei Erwachsenen diagnostiziert wurde. Dies kann auch damit zusammenhängen, dass RSV in der Öffentlichkeit bisher nicht als Ursache von Atemwegsinfektionen bei Erwachsenen bekannt ist.4 Und dies, obwohl mittlerweile eine Inzidenz von 1,5 Millionen jährlichen RSV-Infektionen bei Erwachsenen über 65 Jahren weltweit gemeldet wird.2
Wird RSV richtig diagnostiziert, können infizierte Hochrisikopatient:innen rechtzeitig identifiziert und frühzeitig behandelt sowie eine entsprechende Infektionskontrolle eingeleitet werden. Eine gute Infektionskontrolle ist der Schlüssel zur Minimierung der Ausbreitung von Infektionskrankheiten wie RSV. Außerdem kann sie zur Verringerung der Morbidität (Häufigkeit der Erkrankung innerhalb einer Bevölkerungsgruppe), Mortalität (Sterblichkeit) und der Belastung des Gesundheitssystems führen. Bei Atemwegsinfektionen wie RSV umfasst die Infektionskontrolle unter anderem die Isolierung der Patient:innen, das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) durch Angehörige der Gesundheitsberufe, Handhygiene und zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für alle medizinischen Verfahren bei denen luftgetragene Partikel entstehen können, wie z. B. die Intubation.5
Die richtige Diagnose eines bestimmten Erregers ist auch entscheidend für die Festlegung einer geeigneten Behandlung, da verschiedene bakterielle und virale Erreger ähnliche Atemwegssymptome verursachen können.6
Ohne routinemäßige RSV-Tests werden infizierte Patient:innen möglicherweise nicht in einem frühen Stadium identifiziert, was zu einer Ausbreitung der Infektion, einem Fortschreiten der Krankheit bei Hochrisikopersonen und einem erhöhten Einsatz von Gesundheitsressourcen führen kann (Abbildung 9).
Abb. 9: Folgen nicht-diagnostizierter Respiratorischer Synzytial-Viren und Übertragung auf Hochrisikopatient:innen. *LRTI = Infektion der unteren Atemwege
Eine frühzeitige Diagnose von RSV oder Influenza kann die Menge und Dauer des Antibiotikaeinsatzes sowie die Dauer der Krankenhausaufenthalte bei Erwachsenen und Kindern verringern, was sich wiederum positiv auf die Belastung für Patient:innen und das Gesundheitssystem auswirkt.7 Einfache Tests mit Probenentnahme aus dem Nasen-Rachen-Raum können den Bedarf an zusätzlichen Untersuchungen, wie Blutuntersuchungen und Röntgenaufnahmen des Brustkorbs, verringern.8
Da es sich bei RSV um eine saisonale Infektion handelt, ist es wichtig, die Zahl der betroffenen Patient:innen so genau wie möglich zu kennen. Dies kann die Vorbereitung der Infektionskontrolle und die Zuweisung von Ressourcen für die Behandlung von Betroffenen mit schwerem RSV für zukünftige saisonale Ausbrüche erleichtern.9
Die Diagnostik von Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) befindet sich derzeit im Wandel: Frühere Test-Methoden werden durch empfindlichere, schnellere Verfahren ersetzt. Diese liefern Ärzt:innen und Behandler:innen alle nötigen Informationen, die sie zur Optimierung der Behandlung ihrer Patient:innen mit RSV benötigen.
Die für einen Test benötigten Proben werden mit Hilfe von Nasen- oder Nasen-Rachen-Abstrichen (Nasenabstrichen bzw. Nasopharyngealabstrichen) entnommen.5 Diese Proben enthalten das Virus, das aus infizierten Zellen freigesetzt wurde (virale Ausscheidung).
Die Virusausscheidung beginnt nach der RSV-Infektion und dauert etwa 10–13 Tage an.10
Mithilfe der Immunfluoreszenz-Diagnosetechnik können auch Serumproben verwendet werden, um das Vorhandensein von RSV-Antikörpern nachzuweisen. Diese Methode weist das Virus jedoch nicht direkt nach, kann aber feststellen, ob ein:e Patient:in infiziert ist oder war. Antikörpernachweise sind daher vor allem zur retrospektiven Sicherung der Diagnose und zu Surveillance (Beobachtungs-)- und Forschungszwecken geeignet.5
Zur Diagnose von RSV können eine Reihe von Methoden eingesetzt werden (Abbildung 10).
Diagnose von RSV
Nukleinsäure-Amplifikationstest (NAAT) weist spezifische Sequenzen von RSV-DNS in Patientenproben aus Nasen- und Rachenabstrichen nach
Viruskultur weist RSV-Protein nach, das von im Labor gezüchteten Zellkulturen produziert wird, die mit Patientenproben von Nasen- und Rachenabstrichen inkubiert wurden
Antigen-basierte Tests weisen RSV-Protein oder Antikörper in Nasen- und Rachenabstrichen oder Serumproben von Patient:innen nach
Immunfluoreszenz
Antikörper-basierter Test (ELISA, Enzyme-linked Immunosorbent Assay)
Immunchromatographie
(einschließlich Antigen-Schnelltests)
Polymerase-Kettenreaktion (PCR)
Abb. 10: Diagnosemöglichkeiten von RSV5,6
Bei der Auswahl des jeweiligen diagnostischen Tests muss die Schnelligkeit der Tests gegen ihre Empfindlichkeit abgewogen werden, wobei auch die in einer bestimmten Gesundheitseinrichtung verfügbaren Optionen und etwaige gesetzliche Vorschriften zu beachten sind.11
Auch ist es wichtig die Viruslast (Anzahl der Viren) der Probe zu berücksichtigen, da Proben von älteren Erwachsenen eine geringere Zahl an RS-Viren aufweisen können als Proben von Kindern. Proben von Erwachsenen erfordern demnach eine empfindlichere Nachweismethode.1 Aus diesem Grund werden antigenbasierte Methoden, die das in der Probe vorhandene Virus nicht amplifizieren (vermehren), bei Erwachsenen möglicherweise nicht so häufig eingesetzt wie bei Kindern.1 Zum jetzigen Zeitpunkt wäre zur Diagnostik bei Erwachsenen daher PCR der Test der Wahl mit etwa 85 % Sensibilität bei Erwachsenen.1
Derzeit sind neue Multiplex-PCR-Methoden in der Entwicklung. Mit diesen kann zeitgleich auf mehrere Erreger untersucht werden. Zudem ist ihre diagnostische Sensitivität erhöht und die Bereitstellung von Ergebnissen kann innerhalb eines sinnvollen Zeitrahmens erfolgen.6,12
Für weiterführende Informationen zur Diagnostik von respiratorischen Viren, besuchen Sie die Seite des RKI: influenza.rki.de.
Derzeit gibt es keine zugelassene Therapie oder allgemein verfügbare Prophylaxe (bspw. Impfung) für RSV bei Kindern und Erwachsenen. Zum jetzigen Zeitpunkt beschränkt sich die Behandlung von RSV-Infektionen daher auf die symptomatische Linderung von Bronchiolitis, Bronchitis und Lungenentzündung.1 Ziel ist dabei, die auftretenden Symptome zu lindern, die Zeit bis zum Abklingen der Symptome zu verkürzen sowie die Viruslast zu verringern und die Übertragung zu begrenzen.2
Um gefährdete Bevölkerungsgruppen wirksam zu schützen und die Zahl an Krankenhausaufenthalten sowie die Sterblichkeit zu verringern, sind jedoch gezieltere Behandlungsmöglichkeiten bei RSV-Infektionen erforderlich.
Die symptomatische Behandlung der Folgen von RSV – Bronchitis, Bronchiolitis und Lungenentzündung – kann in leichten Fällen zu Hause erfolgen und umfasst unter anderem die folgenden Maßnahmen:3,4
Schwere Fälle von RSV erfordern oftmals eine Akutbehandlung in einer Klinik oder auf einer Intensivstation. Dabei können unter anderem eine intravenöse Flüssigkeitszufuhr, zusätzlicher Sauerstoff, Beatmungsunterstützung und das Absaugen der Atemwege erfolgen.3,4
Da diese Behandlungen nicht auf die Ursache der Infektion abzielen, besteht ein Bedarf an neuartigen Therapien und Präventionsoptionen, die für ein breites Patient:innenspektrum geeignet sind.
Wie wird RSV übertragen und welche Symptome können bei Kindern und Erwachsenen auftreten?
Erfahren Sie mehr zum RS-Virus, den Hochrisikogruppen für schwere Verläufe und den Behandlungsmöglichkeiten.
Symptomatologie und klinischer Verlauf bei hospitalisierten Erwachsenen mit Virusinfektionen durch Influenza A und RSV
Zuletzt geändert am: 20.10.2022
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